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Übersicht Hausbooturlaube

Bootsurlaub: Sommer 2010
Somme

Teil 1:
Von Cappy bis Corbie
Teil 2:
Von Corbie bis Amiens

Teil 3: 
Von Amiens bis Saint Valery


10.07.2010

Nachdem wir in Bray sur Somme im „Shopi“ eingekauft haben (Der Name klingt niedlich - es ist aber ein vollwertiger Supermarkt.), fahren wir die letzten drei Kilometer zur Locaboat-Basis in Cappy, um eine Penichette 1180 FB zu übernehmen. Bei Locaboat begrüßt uns Frank mit vertrautem Idiom. Er ist gebürtiger Locaboat Basis CappyFrankfurter und in Hessen aufgewachsen, lebt und arbeitet aber seit 10 Jahren in Frankreich. Er erledigt die notwendigen Formalitäten und weist uns gewissenhaft in die Besonderheiten des Bootes und der Fahrstrecke ein. Danach ist gerade noch Zeit, ein Auto nach St. Valery zu überführen, damit wir am Ziel der Einwegfahrt mobil sind. Weil die Strecke von Cappy nach St. Valery mit 106 km relativ kurz für eine Woche ist, können wir den Urlaub ruhig angehen lassen und verbringen die erste Nacht ganz gegen unsere Gewohnheit noch im Abfahrtshafen. Tagsüber hatten wir über 30° C und bis die Temperatur in den Kajüten halbwegs erträglich ist, sitzen wir auf der Flybridge bei ein paar Gläschen Cidre zusammen.

 

11.07.2010

Nach dem Frühstück melden wir uns mit dem von Frank überlassenen Mobiltelefon beim PC (Point de Communication). Das ist die Zentralstelle der Kanalgesellschaft, die den Einsatz der Schleusen- und Brückenwärter koordiniert. Dem PC teilt man den Bootsnamen, den Standort und die geplante Etappe mit, und er sorgt dann dafür, dass die Schleusen und Brücken entlang der Strecke mit Personal besetzt werden.

Eisenbahnmuseum FroissyWir fahren auf der kanalisierten Somme durch eine Landschaft voller Alt- und Seitenarme. Die Seitengewässer machen einen wildromantischen Eindruck, lassen sich aber wegen der geringen Wassertiefe mit dem Hausboot nicht befahren. Der Schiffsverkehr hält sich in engen Grenzen. Ein einziges Hausboot begegnet uns an diesem Vormittag.

Am linken Ufer beobachteten wir die Männer vom Eisenbahnmuseum Froissy beim Anheizen ihrer historischen Dampflok.

Als wir vor der Schleuse Sailly-Laurette ankommen, ist sie für die Mittagspause geschlossen, und wir verbringen die heißesten Stunden im Garten des Restaurants “Auberge de l’Écluse”. Der Wirt sieht sein Restaurant am Rande der Kapazität und warnt uns, dass er uns keine Menus von der großen Karte anbieten kann. Wir sind aber gar nicht so anspruchsvoll und freuen uns, dass er “Ficelle Picarde” auf der kleinen Brasseriekarte hat, eine Spezialität der Region: Eine Art Crêpe salé gefüllt mit gekochtem Schinken, Champignons und Crème Fraîche, das Ganze mit Käse überbacken. Satt und zufrieden wollen wir das Lokal verlassen, da kommen wir noch einmal mit dem Wirt ins Gespräch. Wir erfahren, dass seine Frau die Ficelles in Handarbeit herstellt, dass er die Auberge in dritter Generation führt und polnischer Abstammung ist. Zur Bekräftigung trägt er uns die polnische Nationalhymne vor.

Nachmittags fahren wir weiter nach Corbie. Ein Biber kreuzt unseren Weg, ein anderer passiert unser Boot auf Gegenkurs. Ein Kormoran taucht unvermittelt vor unserem Bug aus der Somme auf und startet direkt zu einem flachen Flug über den Fluss.

Das Reisen auf dem Fluss könnte so beschaulich sein - wären da nicht die vielen Angler. Wegen der Hitze ziehen sie sich tief in den Schatten der üppigen Ufervegetation zurück und ihr Gerät, dünne, lange, schwarze Karbonruten, sieht man erst im letzten Moment, wenn es zufällig mal in der Sonne aufblitzt. Mehrmals müssen wir aufstoppen, um mit kleiner Fahrt unseren Weg zwischen Ruten und Leinen auf der einen und der Uferbefestigung auf der anderen Seite zu finden.

Am frühen Abend machen wir an der Lände vor dem Campingplatz in Corbie fest und melden uns für heute beim PC ab (nein, nicht beim Personal Computer sondern beim Point de Communication, s.o.).

Lände von CorbieWasser und Landstrom gibt es am Münzautomaten, und wir brauchen ein Zwei-Euro-Stück. Die Geschäfte im Ort sind am Sonntag-Nachmittag geschlossen oder sie haben keine Zwei-Euro-Stücke in der Wechselkasse. Endlich versuchen wir das Naheliegendste und fragen mehrere Passanten auf der Uferpromenade. Eine freundliche Frau vom Campingplatz joggt extra zu ihrem Wohnwagen, um uns wechseln zu können.

Nachdem wir Wasser übernommen und den Landstrom angeschlossen haben, lassen wir den Tag wieder gemütlich auf unserem Oberdeck ausklingen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit planschen die Jugendlichen des Ortes rund um die Anlegestelle im Schleusenkanal. Es sieht aus, als täten sie das nicht zum ersten Mal und, da die Jungs einen recht gesunden Eindruck machen, kann die Wasserqualität nicht gar zu schlecht sein.


Teil 1:
Von Cappy bis Corbie
Teil 2:
Von Corbie bis Amiens

Teil 3: 
Von Amiens bis Saint Valery