Die Erwartungen sind groß, denn der Name Linssen steht
schließlich für exzellenten Bootsbau der holländischen
Art. Nach vierzehn Jahren Charterpraxis mit den verschiedensten, meist
recht betagten Plastik-Hausbooten soll es diesmal ein nagelneuer
holländischer Stahlverdränger sein (im März dieses
Jahres in Dienst gestellt). Wir sind äußerst gespannt.
Die
Linssen Grand Sturdy 34.9
Der erste Eindruck ist sehr angenehm. Alles sehr sauber, einfach alles
funktioniert, nichts wackelt und nichts klemmt. Das sollten eigentlich
Selbstverständlichkeiten sein, sind wir aber bislang nicht so
gewohnt.
Die Ausstattung ist reichhaltig bis hin zu den Duschtüchern
für jedes Crew-Mitglied. Die Schränke und Stauräume
sind großzügig bemessen. Es gibt einen riesigen Kofferraum
unter dem Salon. Das noble Teak-Deck unterstreicht die durchweg
hochwertige Ausstattung.
Der Skipper ist von den Fahreigenschaften begeistert. Kein anderes
Boot, das er kennengelernt hat, ist so präzise zu manövrieren
wie die Linssen - selbst wenn man auf den Einsatz von Bug- und
Heckstrahlruder verzichtet.
Aber aufgepasst - die
Linssen ist kein typisches Hausboot sondern eine sportliche Motorjacht.
Und so gibt es für den, der vor allem auf Bequemlichkeit und
Raumangebot Wert legt, auch einiges zu kritisieren:
Da das Boot sehr kompakt konzipiert ist, sind die Durchgänge, z.B.
zwischen Reling und Aufbauten, sehr schmal. Auch in den Kajüten
und
sogar auf dem Oberdeck geht es in der Praxis viel enger zu, als es die
Grundrisszeichnung im Prospekt vermuten lässt.
Es gibt keinen Innen-Steuerstand. Wer auch immer bei schlechtem Wetter
am Steuerrad steht, sollte regendichte Kleidung dabei haben. Das
Bimini-Verdeck kann schräg einfallenden Regen nicht abhalten.
Der Kühlschrank könnte gerne etwas gößer sein. Die
Stehhöhe in der Heck-Nasszelle ist ebenfalls recht bescheiden.
Das Haupt-Manko ist aber der kleine Wassertank. Mit vier Personen an
Bord ist man gezwungen, täglich Wasser zu bunkern. Dabei wäre
ausreichend Platz für einen großen Wassertank, wenn man nur
die Kofferkammer etwas kleiner machen würde. (Offenbar will der
Vercharterer Abhilfe schaffen, denn im 2016er Katalog ist der
Wassertank
doppelt so groß ausgewiesen.)
Außerdem haben wir die Gangway sehr vermisst. Bei der Einweisung
hat man sie uns verweigert, weil angeblich schon viele Gäste
Unsinn damit angestellt hätten und dabei ins Wasser gefallen
seien. Aber wie soll man ans Ufer und wieder an Bord kommen, wenn man
im Grünen mit den Erdnägeln an der Böschung festmacht
und keine Gangway dabei hat? Hoch-Weitsprung? Schwimmen?
Kurz und gut, die Linssen Grand Sturdy 34.9 ist ein Schiff für
Liebhaber sportlicher Motoryachten, die auch mal die eine oder andere
kleine Unbequemlichkeit in Kauf nehmen, und für den
Hausboot-Charterbetrieb eigentlich viel zu schade.
|