Fr.
17.07.2009
Wir
sind um 15:00 Uhr an der Charterbasis um die
"Turning Point" zu übernehmen, Eine 14-Meter-Yacht, mit solidem
Stahlrumpf und zwei starken Motoren. Da der Basischef aber noch mit der
Übergabe anderer Boote beschäftigt ist, fahren wir erst noch
zum nahegelegenen
Maxis Hypermarkt und kaufen ordentlich Vorräte ein. Gut, dass das
Boot 2
Kühlschränke und jede Menge Stauraum hat.
Am
frühen Abend hat der Chef dann Zeit für uns und
erklärt uns das Schiff, wobei er viel Gewicht auf das
Manövrieren mit den 2
Maschinen legt. Später in engen Häfen bei Windstärke 5
werden wir ihm noch
dankbar dafür sein. Bootfahren in Holland soll ganz anders sein
als in
Frankreich - haben wir im Internet gelesen. Also wollen wir vom
Basischef noch
etwas über diese Besonderheiten erfahren. Er hat dafür keine
Zeit und verweist
uns an seinen Mechaniker. Der aber nutzt die Gelegenheit uns in die
technischen
Besonderheiten der Turning Point gründlichst einzuweisen. Da das
Schiff mit
Technik vollgestopft ist (Außer den zwei Maschinen und den zwei
Kühlschränken
gibt es noch einen 220 V-Generator, Microwelle, Spülmaschine,
Waschmaschine, DC/AC-Konverter, Radio, TV, DVD, Bugstrahlruder, Echolot
und
Satellitennavigation.) ist die Dämmerung nah, als wir endlich
ablegen.
Um
das Boot kennenzulernen und um uns ein ruhiges
Plätzchen für die Nacht zu suchen, fahren wir
südwärts unter der Autobahnbrücke
hindurch ein Stück die Vecht hinauf. Hinter der ersten
Flussbiegung sehen wir
bereits einen Festmachebalken - vor einer Kuhweide – nur so eine Art
Schwebebalken, frei im Wasser stehend, aber offiziell als
3 x 24 h-Liegeplatz ausgewiesen. Wir wenden vor der
Spoorbrug (Eisenbahnbrücke)
am Stadtrand von Weesp. Mit der Steuerbordmaschine voraus und der
Backbordmaschine zurück macht die Turning Point ihrem Namen alle
Ehre. Sie
wendet wie "auf dem Teller". Das Festmachen am
"Schwebebalken" ist ein echter Balanceakt.
Sa.
18.07.2009
Wir
wachen auf bei starkem Wind (5 Beaufort in Böen
auffrischend) und überlegen, ob wir den ursprünglischen Plan
weiterverfolgen
sollen, über das südliche Ijsselmeer (das Ijmeer) nach
Amsterdam zu fahren,
oder lieber über Vecht und Amsterdam-Rijnkanaal. Aber haben wir
ein Boot mit
zwei mal 135 PS gechartert, um über einen langweiligen
Industriekanal zu tuckern,
wenn die Alternative eine fetzige Fahrt über die (fast) offene See
ist? Nicht
ohne zu zögern aber eindeutig entscheiden wir uns für die
Ijmeer-Route. Bald
fegt uns der Wind heftig von Amsterdam her entgegen. Unser Boot geht
mühelos
dagegen an, und wenn der Bug in die kurzen, steilen Ijmeerwellen
schneidet,
spritzt die Gischt bis auf die Windschutzscheibe, 3,50 m über der
Wasserlinie.
(Es empfiehlt sich übrigens, vor solch einer Fahrt zu prüfen,
ob alle Fenster
gut verschlossen und alle Vorräte gut verstaut sind.) Nach einer
halben Stunde
erreichen wir den Buiten Ij, und die Landabdeckung lässt den
Seegang abebben.
Hinter der Oranjesluis im Binnen Ij spielen die Wellen kaum mehr eine
Rolle.
Der Wind ist beim Anlegen im Amsterdamer Sixhaven immer noch sehr
hinderlich.
Der Hafen ist viel zu klein für die Metropole und deshalb
permanent überfüllt.
Aber nach dem Motto "Einer geht immer noch" bringt uns der
Hafenmeister quer vor den Dalben dreier kleinerer Liegeplätze
unter, und nach
uns gibt er noch fünf anderen Yachten ein Plätzchen für
die Nacht.
Doch
es ist jetzt früher Nachmittag und wir wollen
endlich die Amsterdamer City erkunden. Der Hafenmeister erklärt
uns, wie wir
über die Tore der Willem I Sluizen zum Fähranleger gelangen.
Die Fähren pendeln
zwischen dem Nordufer des Ij und der Centralstation und sind für
Fußgänger,
Fiets- (Fahrrad-) und Bromfietsfahrer. (also die, die den Ij-Tunnel
nicht benützen
dürfen) gratis.
Aus
der Reihe der vielen Sehenwürdikeiten Amsterdams
seien hier exemplarisch nur der Bloemenmarkt erwähnt, der auf
großen Pontons in
der Singelkracht schwimmt, und das Historische Museum, wegen der
erfrischenden
Art in der die Exponate präsentiert werden.
Die
Nacht im Hafen ist überraschend ruhig. Wenn überhaupt
stören nur die allgegenwärtigen Blesshühner mit ihren
markanten Quietscheentchenrufen
im Morgengrauen.
So.
19.07.2009
Der
Wind ist noch genau so stark wie gestern. Ab 9:00
sind wir klar zum Auslaufen. Aber die Hafenausfahrt ist noch mit
Yachten
vollgeparkt. Gegen 10:00 Uhr beginnt der Knoten sich zu lösen.
Unter den
Weisungen des Hafenmeisters werden die Boote vorwärts und
rückwärts verschoben
oder gedreht, und einer nach dem anderen kommt aus dem Hafen frei. Das
Ganze
mutet an wie ein riesiges Sokoban-Spiel, ist aber für den
Hafenmeister und die
eine oder andere Crew bestimmt harte Arbeit. Als wir dann an der Reihe
sind,
ist der Wind ausnahmsweise mal nicht gegen uns, sondern dreht das
Schiff fast
ohne unser Zutun noch in der Hafenausfahrt in Fahrtrichtung. Bei nur
1,20 m
Tiefgang und 5 m Aufbauten hat er leichtes Spiel. Um 11:00 Uhr sind wir
wieder im
freien Fahrwasser. Unser Kurs führt uns westwärts in den
Noordzeekanaal durch
das Hafengebiet von Amsterdam. Mehrere Tragflügelboote kommen uns
entgegen oder
rasen an uns vorbei.
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Gegenüber
dem Jan van Riebeeckhaven biegen wir nordwärts
in den Zijkanaal ein, der unmerklich in die Voorzaan
und bei Zaandam in
die
Zaan übergeht.
Wir fahren an einem Supermarkt mit bequemem
Schiffsanleger
vorbei. Unsere Kühlschränke sind noch zu gut gefüllt.
Wir legen vor dem
kleinen
Restaurant „De Koekfabriek“ an, das sich im Gebäude der Zaandamer
Schokoladenfabrik
etabliert hat. Beschaulich, und direkt am Fluss, genießen wir ein
kleines,
gutes Mittagessen, den hervorragenden Hauswein und die
Boterroomtruffelen, die Dessert-Spezialität
des Hauses.
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Vor
uns liegt die Prins Bernhardbrug. Sie hat eine
Durchfahrtshöhe von 4,20 m. Um nicht auf das Öffnen warten zu
müssen, legen wir
unseren Radarbügel und reduzieren so unsere Höhe über
der Wasserlinie von 5,00
m auf passende 3.85 m. Das nützt uns dann an der kurz darauf
folgenden
Spoorbruk Zaandam leider überhaupt nichts, denn die hat legendlich
eine Durchfahrtshöhe
von 3,00 m und während die freundlichen holländischen
Brückenwärter
normalerweise eine Brücke auch für ein einzelnes Sportboot
zügig öffnen, sind
sie bei der Spoorbruk vom Fahrplan der niederländischen Eisenbahn
abhängig.
Wir
warten 20 min., aber die Brücke rührt sich nicht.
Also rufen wir beim Brückenwärter an. Der sagt uns, dass er
in wenigen Minuten
öffnen will. Aus den wenigen Minuten werden weitere 20 und wir
rufen noch mal
an. Der Brückenwärter klingt jetzt überrascht und
gesteht, dass er einen Fehler
gemacht hat. Das kann heißen, dass er sich geirrt hat, als er uns
die Öffnung
in wenigen Minuten versprach, oder dass er uns einfach vergessen hat.
Wie auch
immer, wir warten noch einmal 20 min, bis auch der letzte Vorortzug
seinen Weg
von Purmerend nach Amsterdam gefunden hat. Endlich öffnet sich die
Brücke, und
wir fahren weiter nach Zaanse Schans.
Der
Wind hat stark aufgefrischt, das Anlegen am Meldesteg
des Yachthafens „New Weromeri“ funktioniert noch sehr gut, für das
Verlegen in
die Dalbenbox, die uns der Hafenmeister zuweist, brauchen wir dann drei
Anläufe, weil der stürmische Wind unser Boot immer wieder
querlegen will.
Schließlich
haben wir sauber festgemacht und besichtigen das
Freilichtmuseum von Zaanse Schanz mit seinen vielen historischen
Windmühlen,
Kaufläden und Bauern- und Handwerkerhäusern. Die Mühlen
sind teilweise in
Betrieb, und das alte Müllerhandwerk wird uns in verschieden
Ausprägungen
demonstriert (Ölmühlen, Pigmentmühlen, etc.). In den
anderen Häusern kann man
die unterschiedlichsten Waren erstehen, vom verbürgt authentischen
Alkmaarer
Käse über die vor unseren Augen hergestellten Klompen
(traditionelle,
holländische Holzschuhe) bis hin zu den bunten Nippesfiguren, die
ebenso
authentisch vom holländischen Händler- und Seefahrervolk aus
Ostindien
importiert wurden.
Mo.
20.07.2009
Nur
noch eine sanfte Brise weht von der Nordsee her. Unser
nautisches Selbstwertgefühl gewinnt enorm, als wir einen
Profi-Frachterkapitän
beobachten: Sein Frachtschiff war uns gestern Abend aufgefallen, weil
es
irgendwie seltsam quer vor dem Industriehafen lag. Jetzt macht er es
los, nur
um es beim inzwischen leichten Wetter ordentlich an den Quai zu
verlegen.
Wir
verlassen den Hafen und biegen nordwärts in die Zaan
ab. Der Windmühlenpark von Zaanse Schanz wirkt vom Wasser her
betrachtet noch
beeindruckender als gestern an Land. Die schmucken Wohnhäuschen,
die am
gegenüberliegenden Ufer der Zaan liegen sind ebenfalls sehenswert.
Bei
Knollendam kommen
wir an
die Beatrixbrug.
Das ist weder eine Eisenbahn- noch eine Autobahnbrücke. Trotzdem
warten wir für
holländische Verhältnisse unverhältnismäßig
lange auf die Öffnung. Also
telefonieren wir mal wieder mit dem Brückenwärter und
erfahren, dass am
Brückenpfeiler ein Meldeknopf zu drücken sei. Als wir noch
dorthin fahren,
öffnet er bereits die Brücke, aber er gibt mit der
Ampelanlage zunächst den
Segelboten Durchfahrtserlaubnis, die auf der anderen Seite warten.
Endlich
können wir weiter und erreichen bald das
Alkmaarder Meer. Anders als der Name vermuten lässt, ist das ein
wenige
Kilometer langer und an seinen schmaleren Stellen kaum einen Kilometer
breiter
See. Er ist sehr schön in einer sanften unverbauten Wiesen- und
Schilflandschaft gelegen. Der Wind hat im Tagesverlauf deutlich
zugenommen und hier
recht ansehnliche Wellen aufgebaut. Es macht Spaß, mit der Yacht
dagegen
anzugehen.
Wir
verlassen den See und befahren nun den Nordhollandsch
Kanaal. Um die Mittagszeit erreichen wir die berühmte
Käsestadt Alkmaar. Der
Hafen befindet sich in einer schmalen Gracht hinter einer kleinen,
niedrigen Brücke.
Wir telefonieren mit der Hafenmeisterin. Die lässt sich die
Maße unseres Bootes
nennen, öffnet uns die Hafenbrücke und ist auch gleich vor
Ort, um uns
einzuweisen. Sie besteht darauf, dass wir unser Boot unmittelbar hinter
der
Brücke in dem engen Hafenbecken wenden und dann etwa 100 m
rückwärts fahren,
bis wir einen freien Liegeplatz erreichen.
Nachmittags
besuchen wir das Käsemuseum im Gebäude der
alten Waage. Das museumstypische Sammelsurium von käsekorrelierten
Exponaten ist
schnell durchgemustert, aber der Film über die Käseproduktion
früher und heute
ist kurzweilig und gut gemacht. Anschließend erkunden wir das
rundherum hübsche
Städtchen zu Fuß. Abends schmeckt die Dorade im Restaurant
„De Buren“ am alten
Vismarkt hervorragend.
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